Im Lebensabriss gibt Thomas Mann zu: "Ich habe der Bildungserlebnisse meiner
Kindheit und ersten Jugend nicht gedacht, nicht des unauslöschlichen Eindrucks, den
Andersens Märchen mir machten, [...]" Bereits in der frühen Erzählung Kleiderschrank
(1899) und im märchenhaften Roman Königliche Hoheit (1909) finden sich Einflüsse der
Werke Andersens. Doch der Vorrang der kleinen Seejungfrau ist in seinem Leben als
Künstler besonders auffällig. In Doktor Faustus taucht das Motiv der Meerfrau mehrmals
auf und wird als eines der Grundthemen fast endlos variiert.
In Tonio Kröger erscheint das Motiv der kleinen Seejungfrau als implizites
Hauptthema, das aber durch die Camouflage, zunächst nicht leicht zu finden ist. Kein
Zufall ist, dass Tonio Kröger gegenüber einer Malerin den Künstler als "irgend etwas
Außermenschliches und Unmenschliches" definiert und sogar mit den "präparierten
päpstlichen Sänger[n]" vergleicht. Der Künstler ist, nach Tonios Auffassung, weder
Weib noch Mann, wie die kleine Meerfrau. Er hat zwar durchaus männliche Merkmale,
jedoch kein ‘männliches Symbol’. Er sei, eigener Einschätzung zufolge, kastriert. Nur so
könne er gut singen. Als Preis für die schöne Stimme darf er also am 'normalen',
ehelich-bürgerlichen Leben nicht teilhaben. Ein weiterer symbolischer Indikator ist, dass
er von dem bürgerlichen Leben kastriert, sprich isoliert ist. Hier stimmen die Bedenken
gegen die sexuelle Identität mit denen gegen die gesellschaftliche überein.
Der Künstler Tonio Kröger hat daher eine große, jedoch unerfüllbare Sehnsucht nach
dem »Leben«, wie die kleine Seejungfrau. Die beiden haben sicherlich eine "verstohlene
und zehrende Sehnsucht [...] nach den Wonnen der Gewöhnlichkeit".
Bedeutungsvoll ist, dass Tonio Kröger gegenüber der Malerin Lisaweta Iwanowna
verkündet, nicht nur zur nördlichen Hansestadt, seiner Vaterstadt, sondern auch weiter
nach Dänemark zu reisen. Das Ziel ist bereits bestimmt. Eine Reise in die Heimat
Andersens, neben der zum Schloss Hamlets. "»Aber nehmen Sie die Bücher, die dort
oben geschrieben werden, diese tiefen, reinen und humoristischen Bücher, Lisaweta, – es geht mir nichts darüber, ich liebe sie", – dazu zählen neben Henrik Johan Ibsens Dramen
sicherlich Herman Bangs Werke und auch Andersens Märchen, nicht zuletzt Die kleine
Seejungfrau.
Die Schilderung der Reiseroute von der Vaterstadt Richtung Norden, via Kopenhagen,
ist mal realistisch, mal märchenhaft, "feenhaft". Tonio erlebt den Mondschein, die Sterne
über dem wilden Meer, die Schiffsreise, den Sonnenaufgang, einen Ball usw., alles, was
auch die kleine Meerfrau und ihre Schwester sehen und erleben. Er schwimmt in den
Sund hinaus und spaziert stundenlang am Strand entlang. Er zeigt sich ungewöhnlich
begeistert vom Meer: "Im Rücken wußte er sich das Meer; es rief, lockte und grüßte. Und
er lächelte." Tonios einzige aber noch nicht fertige Gedichtzeile, die in ihm tönt, ist ein
begeistertes Liebeslied an das Meer: "Du meiner Jugend wilder Freund, so sind wir
einmal noch vereint..." Tonio Kröger, der genau wie die Seejungfrau den dänischen
Prinzen bzw. Hamlet liebt, begegnet nun Menschen wie Hans Hansen bzw. Ingeborg
Holm. Wer sonst als die beiden stellen hier den dänischen Prinzen dar? Die beiden
Blonden und Blauäugigen, die für Tonio das »Leben« bedeuten und zugleich ein altes
unerreichtes Liebesobjekt, wie der schwarzäugige Prinz für die kleine Seejungfrau, sind
eigentlich eine einzige Person,
Eines Nachts findet in einem Saal am Meer ein prunkvoller Ball statt. Tonio sieht
Hans und Inge essen, trinken, schwatzen, sich vergnügen und tanzen. Er möchte sie
ansprechen, um eine lockere Gemeinschaft mit den beiden herzustellen, kann es aber
nicht: "Er dachte sich aus, was er sagen könnte; aber er fand nicht den Mut, es zu sagen."
In diesem Moment ist er die kleine Seejungfrau, die gegenüber dem Geliebten ihre Liebe
"weder singen noch sprechen kann". Ja, sie ist stumm, obwohl nicht taub, denn ihre
Zunge ist kastriert. Dies besagt eindeutig, dass sie gegenüber dem Geliebten keine
Sprache finden kann und darf, ihre Liebe zu äußern, genau wie bei einer tabuisierten und
daher »verbotenen Liebe«. Tonio ist gegenüber Hans und Inge nichts anderes als stumm,
"denn ihre Sprache war nicht seine Sprache". In dieser intertextuellen Anspielung auf Die
kleine Seejungfrau ist Tonios stigmatisierte Liebe camoufliert.
"Du kennst doch die kleine Seejungfrau von Andersen?", wird Adrian im
Teufelsgespräch gefragt, und es wird ihm vorgeschlagen: "[...] das wäre ein Schätzchen
für dich! Es kostet dich ein Wort, und ich führe sie dir zu Bette." Das Motiv der Meerfrau
erscheint im Doktor Faustus mehrfach und wird dabei variiert. Adrian selbst nennt sie
sogar "meine Schwester und süße Braut" mit Namen Hyphialta. Adrian und die kleine Meerfrau sind durch die schneidenden Schmerzen intim verbunden.
Schon Tonio Kröger spricht "vom Fluch der Erkenntnis und der schöpferischen Qual".
Die schöpferische Qual wird hier auf eine körperliche übertragen. Tonio gehört zu den
"Leute[n] mit ungeschickten Körpern und feinen Seelen, Leute, die immer hinfallen", als
ob er zwei neue Beine, die ihm Schmerzen wie Messerstiche bereiten und an die er sich
noch nicht gewöhnt hat, als menschliche Körperteile bekommen hätte. Im Gegensatz zu
Tonio, der davor Angst hat, in der Öffentlichkeit hinzufallen, schreitet die kleine
Seejungfrau sehr anmutig. Aber auch sie erträgt die Schmerzen, denn "jeder Schritt, den
sie tat, war, als trete sie auf spitze Nadeln und scharfe Messer, wie die Hexe ihr
vorausgesagt hatte, aber das ertrug sie gern. An des Prinzen Hand schritt sie so leicht
einher wie eine Seifenblase, und er und alle wunderten sich über ihren anmutigen,
schwebenden Gang." Der Kontrast zwischen Tonio und der kleinen Meerfrau entwickelt
sich in den Schmerzen zu einer Intimität, und sie erreicht ihren Höhepunkt beim Tanz.
Die kleine Seejungfrau tanzt unter Qualen vor dem Geliebten: "Sie tanzte mehr und
mehr, obwohl es jedesmal, wenn ihr Fuß die Erde berührte, war, als ob sie auf scharfe
Messer träte."
Auch Tonio Kröger muss einen Tanz vollführen, und zwar den "schweren, schweren
und gefährlichen Messertanz der Kunst". Insofern erträgt auch er die "Messer"-
Schmerzen in der Kunst.
Bei Adrian Leverkühn wird die schöpferische Qual mehrfach betont. Er leidet an der
trübseligen, messerscharfen "Migräne, wie schwere Seekrankheit auftretend", die mal
pathologisch als Meningitis durch Syphilis, mal poetologisch als schöpferische Qual zu
verstehen ist. Anstatt sich »herumzuschleppen« aufgrund von Schmerzen in den Füßen,
leidet er an Kopfschmerzen. Neben Adrian, der während seiner messerstichartigen
Schmerzanfälle beim Reden "etwas Schleppendes und, durch trägen Gebrauch der
Lippen, etwas mangelhaft Artikuliertes" hat, erscheinen noch zwei andere Figuren in
Doktor Faustus, die etwas »Schleppendes« haben. Einer ist Dr. Schleppfuß, der, nach
dem Erzähler Zeitblom, wahrscheinlich wegen des Namens zu schleppen scheint, und ein
anderer ist der Stotterer Kretzschmar, der sozusagen in der Rede schleppt. Bemerkenswert
ist, dass die beiden Adrians Lehrer sind, und zwar in Bezug auf seine Musik. Klar
ist, dass einer der beiden Adrian die Musiktheorie bzw. -praxis lehrt. Doch der andere ist
Hallenser Privatdozent der Theologie. Es ist jedoch unübersehbar, dass Adrians Musik
sehr eng mit Schleppfuß’ Lehre verbunden ist, d.h. mit der dämonisierten Theologie, der
des Geistes gewärtigen Sexualität, der dialektischen Einheit von Gut und Böse und nicht zuletzt von Gebundenheit und Freiheit. Es ist kein Zufall, dass der Teufel in Palestrina
einmal als Hallenser Theologe erscheint. Beide sind hinsichtlich Adrians Musik
sicherlich einflussreich. Dass seine Musik mit dem Motiv der kleinen Seejungfrau zu tun
hat, zeigt, dass er wie Tonio »behend und geistesgegenwärtig den schweren, schweren
und gefährlichen Messertanz der Kunst vollführ[t]«, der insgeheim auf dem
geschlechtlichen, "unheilbare[n] Außenseitertum der Seejungfrau" beruht.
In diesem Kontext ist Adrians selbst gewählte Einsamkeit als ein anderer Name für
seine verstohlene und zehrende Sehnsucht nach der Oberwelt, dem »Leben«, den
Wonnen der Gewöhnlichkeit zu lesen. Aber er tadelt diesbezüglich die kleine Seejungfer.
Adrian hält bereits zum »Leben« große Distanz, obwohl sein "lichtbegierig[es]",
"heliotropisch[es]", "so sehnsüchtige[s] Drängen nach Wärme und Freude" an der
Oberwelt tatsächlich noch unleugbar ist, und zwar mindestens bis vor dem Tod Echo
Schneideweins.
Das »Leben« hat daher zweifachen Sinn. Adrian kennt bereits die Illusion des
»Lebens«, wie der Autor Thomas Mann als Nietzsche'scher Schüler, gut genug, um auf
"das Märchen, die Wagnerischen Epen und schließlich die antiken Mythen" nicht naiv zu
vertrauen. Hier kann man die Einsamkeit Adrians nachvollziehen. Aus dem gleichen
Grund verachtet Tonio Hans und Inge. Zugleich ist er ihnen jedoch zugeneigt. Er hat
nämlich noch die Sehnsucht, sei es nach dem »Leben«, das als "Totalität aller
Möglichkeiten", als "die mythische Einheit", die "für den Künstler der Moderne
unerreichbar ist", verstanden wird, sei es nach der alltäglichen Gewöhnlichkeit des
»Lebens«. In diesem Punkt ist er, bei aller Verschiedenheit zu Adrian, diesem ähnlich. In
der märchenhaften, schließlich mythischen Welt, welche durch die Aufnahme der
kleinen Meerjungfrau verwirklicht wird, erscheint Tonio als der entmythologisierte, also
ungläubige Mensch.
영어초록
Im Lebensabriss gibt Thomas Mann zu: "Ich habe der Bildungserlebnisse meiner
Kindheit und ersten Jugend nicht gedacht, nicht des unauslöschlichen Eindrucks, den
Andersens Märchen mir machten, [...]" Bereits in der frühen Erzählung Kleiderschrank
(1899) und im märchenhaften Roman Königliche Hoheit (1909) finden sich Einflüsse der
Werke Andersens. Doch der Vorrang der kleinen Seejungfrau ist in seinem Leben als
Künstler besonders auffällig. In Doktor Faustus taucht das Motiv der Meerfrau mehrmals
auf und wird als eines der Grundthemen fast endlos variiert.
In Tonio Kröger erscheint das Motiv der kleinen Seejungfrau als implizites
Hauptthema, das aber durch die Camouflage, zunächst nicht leicht zu finden ist. Kein
Zufall ist, dass Tonio Kröger gegenüber einer Malerin den Künstler als "irgend etwas
Außermenschliches und Unmenschliches" definiert und sogar mit den "präparierten
päpstlichen Sänger[n]" vergleicht. Der Künstler ist, nach Tonios Auffassung, weder
Weib noch Mann, wie die kleine Meerfrau. Er hat zwar durchaus männliche Merkmale,
jedoch kein ‘männliches Symbol’. Er sei, eigener Einschätzung zufolge, kastriert. Nur so
könne er gut singen. Als Preis für die schöne Stimme darf er also am 'normalen',
ehelich-bürgerlichen Leben nicht teilhaben. Ein weiterer symbolischer Indikator ist, dass
er von dem bürgerlichen Leben kastriert, sprich isoliert ist. Hier stimmen die Bedenken
gegen die sexuelle Identität mit denen gegen die gesellschaftliche überein.
Der Künstler Tonio Kröger hat daher eine große, jedoch unerfüllbare Sehnsucht nach
dem »Leben«, wie die kleine Seejungfrau. Die beiden haben sicherlich eine "verstohlene
und zehrende Sehnsucht [...] nach den Wonnen der Gewöhnlichkeit".
Bedeutungsvoll ist, dass Tonio Kröger gegenüber der Malerin Lisaweta Iwanowna
verkündet, nicht nur zur nördlichen Hansestadt, seiner Vaterstadt, sondern auch weiter
nach Dänemark zu reisen. Das Ziel ist bereits bestimmt. Eine Reise in die Heimat
Andersens, neben der zum Schloss Hamlets. "»Aber nehmen Sie die Bücher, die dort
oben geschrieben werden, diese tiefen, reinen und humoristischen Bücher, Lisaweta, – es geht mir nichts darüber, ich liebe sie", – dazu zählen neben Henrik Johan Ibsens Dramen
sicherlich Herman Bangs Werke und auch Andersens Märchen, nicht zuletzt Die kleine
Seejungfrau.
Die Schilderung der Reiseroute von der Vaterstadt Richtung Norden, via Kopenhagen,
ist mal realistisch, mal märchenhaft, "feenhaft". Tonio erlebt den Mondschein, die Sterne
über dem wilden Meer, die Schiffsreise, den Sonnenaufgang, einen Ball usw., alles, was
auch die kleine Meerfrau und ihre Schwester sehen und erleben. Er schwimmt in den
Sund hinaus und spaziert stundenlang am Strand entlang. Er zeigt sich ungewöhnlich
begeistert vom Meer: "Im Rücken wußte er sich das Meer; es rief, lockte und grüßte. Und
er lächelte." Tonios einzige aber noch nicht fertige Gedichtzeile, die in ihm tönt, ist ein
begeistertes Liebeslied an das Meer: "Du meiner Jugend wilder Freund, so sind wir
einmal noch vereint..." Tonio Kröger, der genau wie die Seejungfrau den dänischen
Prinzen bzw. Hamlet liebt, begegnet nun Menschen wie Hans Hansen bzw. Ingeborg
Holm. Wer sonst als die beiden stellen hier den dänischen Prinzen dar? Die beiden
Blonden und Blauäugigen, die für Tonio das »Leben« bedeuten und zugleich ein altes
unerreichtes Liebesobjekt, wie der schwarzäugige Prinz für die kleine Seejungfrau, sind
eigentlich eine einzige Person,
Eines Nachts findet in einem Saal am Meer ein prunkvoller Ball statt. Tonio sieht
Hans und Inge essen, trinken, schwatzen, sich vergnügen und tanzen. Er möchte sie
ansprechen, um eine lockere Gemeinschaft mit den beiden herzustellen, kann es aber
nicht: "Er dachte sich aus, was er sagen könnte; aber er fand nicht den Mut, es zu sagen."
In diesem Moment ist er die kleine Seejungfrau, die gegenüber dem Geliebten ihre Liebe
"weder singen noch sprechen kann". Ja, sie ist stumm, obwohl nicht taub, denn ihre
Zunge ist kastriert. Dies besagt eindeutig, dass sie gegenüber dem Geliebten keine
Sprache finden kann und darf, ihre Liebe zu äußern, genau wie bei einer tabuisierten und
daher »verbotenen Liebe«. Tonio ist gegenüber Hans und Inge nichts anderes als stumm,
"denn ihre Sprache war nicht seine Sprache". In dieser intertextuellen Anspielung auf Die
kleine Seejungfrau ist Tonios stigmatisierte Liebe camoufliert.
"Du kennst doch die kleine Seejungfrau von Andersen?", wird Adrian im
Teufelsgespräch gefragt, und es wird ihm vorgeschlagen: "[...] das wäre ein Schätzchen
für dich! Es kostet dich ein Wort, und ich führe sie dir zu Bette." Das Motiv der Meerfrau
erscheint im Doktor Faustus mehrfach und wird dabei variiert. Adrian selbst nennt sie
sogar "meine Schwester und süße Braut" mit Namen Hyphialta. Adrian und die kleine Meerfrau sind durch die schneidenden Schmerzen intim verbunden.
Schon Tonio Kröger spricht "vom Fluch der Erkenntnis und der schöpferischen Qual".
Die schöpferische Qual wird hier auf eine körperliche übertragen. Tonio gehört zu den
"Leute[n] mit ungeschickten Körpern und feinen Seelen, Leute, die immer hinfallen", als
ob er zwei neue Beine, die ihm Schmerzen wie Messerstiche bereiten und an die er sich
noch nicht gewöhnt hat, als menschliche Körperteile bekommen hätte. Im Gegensatz zu
Tonio, der davor Angst hat, in der Öffentlichkeit hinzufallen, schreitet die kleine
Seejungfrau sehr anmutig. Aber auch sie erträgt die Schmerzen, denn "jeder Schritt, den
sie tat, war, als trete sie auf spitze Nadeln und scharfe Messer, wie die Hexe ihr
vorausgesagt hatte, aber das ertrug sie gern. An des Prinzen Hand schritt sie so leicht
einher wie eine Seifenblase, und er und alle wunderten sich über ihren anmutigen,
schwebenden Gang." Der Kontrast zwischen Tonio und der kleinen Meerfrau entwickelt
sich in den Schmerzen zu einer Intimität, und sie erreicht ihren Höhepunkt beim Tanz.
Die kleine Seejungfrau tanzt unter Qualen vor dem Geliebten: "Sie tanzte mehr und
mehr, obwohl es jedesmal, wenn ihr Fuß die Erde berührte, war, als ob sie auf scharfe
Messer träte."
Auch Tonio Kröger muss einen Tanz vollführen, und zwar den "schweren, schweren
und gefährlichen Messertanz der Kunst". Insofern erträgt auch er die "Messer"-
Schmerzen in der Kunst.
Bei Adrian Leverkühn wird die schöpferische Qual mehrfach betont. Er leidet an der
trübseligen, messerscharfen "Migräne, wie schwere Seekrankheit auftretend", die mal
pathologisch als Meningitis durch Syphilis, mal poetologisch als schöpferische Qual zu
verstehen ist. Anstatt sich »herumzuschleppen« aufgrund von Schmerzen in den Füßen,
leidet er an Kopfschmerzen. Neben Adrian, der während seiner messerstichartigen
Schmerzanfälle beim Reden "etwas Schleppendes und, durch trägen Gebrauch der
Lippen, etwas mangelhaft Artikuliertes" hat, erscheinen noch zwei andere Figuren in
Doktor Faustus, die etwas »Schleppendes« haben. Einer ist Dr. Schleppfuß, der, nach
dem Erzähler Zeitblom, wahrscheinlich wegen des Namens zu schleppen scheint, und ein
anderer ist der Stotterer Kretzschmar, der sozusagen in der Rede schleppt. Bemerkenswert
ist, dass die beiden Adrians Lehrer sind, und zwar in Bezug auf seine Musik. Klar
ist, dass einer der beiden Adrian die Musiktheorie bzw. -praxis lehrt. Doch der andere ist
Hallenser Privatdozent der Theologie. Es ist jedoch unübersehbar, dass Adrians Musik
sehr eng mit Schleppfuß’ Lehre verbunden ist, d.h. mit der dämonisierten Theologie, der
des Geistes gewärtigen Sexualität, der dialektischen Einheit von Gut und Böse und nicht zuletzt von Gebundenheit und Freiheit. Es ist kein Zufall, dass der Teufel in Palestrina
einmal als Hallenser Theologe erscheint. Beide sind hinsichtlich Adrians Musik
sicherlich einflussreich. Dass seine Musik mit dem Motiv der kleinen Seejungfrau zu tun
hat, zeigt, dass er wie Tonio »behend und geistesgegenwärtig den schweren, schweren
und gefährlichen Messertanz der Kunst vollführ[t]«, der insgeheim auf dem
geschlechtlichen, "unheilbare[n] Außenseitertum der Seejungfrau" beruht.
In diesem Kontext ist Adrians selbst gewählte Einsamkeit als ein anderer Name für
seine verstohlene und zehrende Sehnsucht nach der Oberwelt, dem »Leben«, den
Wonnen der Gewöhnlichkeit zu lesen. Aber er tadelt diesbezüglich die kleine Seejungfer.
Adrian hält bereits zum »Leben« große Distanz, obwohl sein "lichtbegierig[es]",
"heliotropisch[es]", "so sehnsüchtige[s] Drängen nach Wärme und Freude" an der
Oberwelt tatsächlich noch unleugbar ist, und zwar mindestens bis vor dem Tod Echo
Schneideweins.
Das »Leben« hat daher zweifachen Sinn. Adrian kennt bereits die Illusion des
»Lebens«, wie der Autor Thomas Mann als Nietzsche'scher Schüler, gut genug, um auf
"das Märchen, die Wagnerischen Epen und schließlich die antiken Mythen" nicht naiv zu
vertrauen. Hier kann man die Einsamkeit Adrians nachvollziehen. Aus dem gleichen
Grund verachtet Tonio Hans und Inge. Zugleich ist er ihnen jedoch zugeneigt. Er hat
nämlich noch die Sehnsucht, sei es nach dem »Leben«, das als "Totalität aller
Möglichkeiten", als "die mythische Einheit", die "für den Künstler der Moderne
unerreichbar ist", verstanden wird, sei es nach der alltäglichen Gewöhnlichkeit des
»Lebens«. In diesem Punkt ist er, bei aller Verschiedenheit zu Adrian, diesem ähnlich. In
der märchenhaften, schließlich mythischen Welt, welche durch die Aufnahme der
kleinen Meerjungfrau verwirklicht wird, erscheint Tonio als der entmythologisierte, also
ungläubige Mensch.
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